Vom Heropreneur zum Social Entrepreneur: Die Resilienz von Social Entrepreneurs in Krisenzeiten
Wien, 21. September 2021 – Es gibt einen Mythos, der den Bereich des sozialen Unternehmertums umgibt und der tiefgreifende negative Effekte hat: „Heropreneurship“. Dieser Mythos ist so tief verankert, dass […]
Wien, 21. September 2021 – Es gibt einen Mythos, der den Bereich des sozialen Unternehmertums umgibt und der tiefgreifende negative Effekte hat: „Heropreneurship“. Dieser Mythos ist so tief verankert, dass die meisten von uns aufgehört haben, seine Existenz in Frage zu stellen. Denn gerade in Krisenzeiten werden die Rufe nach Held*innen immer stärker, schließlich bieten Heldenfiguren Hoffnung und inspirieren. Social Entrepreneurs werden oftmals als Heropreneurs präsentiert: Sie retten die Welt, helfen benachteiligten Menschen, verdienen Geld, werden in einer Krise mit voller Innovationskraft sofort aktiv und das Alles auch noch zur selben Zeit. Aber was heißt das eigentlich für die Sozialunternehmer*innen selbst und was für Auswirkungen haben solch enorme Drucksituationen?
Die Corona-Krise hat zu vielen Verwerfungen und Veränderungen in der Gesellschaft geführt und gerade auch bei Sozialunternehmer*innen für eine Krise in vielerlei Hinsicht gesorgt. Nicht nur sind ihre Wirkungs- und Geschäftsmodelle unter Druck geraten, sondern oftmals auch die Entrepreneure selbst. Um diese viel zu wenig beachtete Auswirkung der aktuellen Pandemie zu diskutieren und zu beleuchten, organisierten der Social Impact Award gemeinsam mit der Hil-Foundation ein Treffen der prominentesten Unterstützungs- und Finanzierungsorganisationen im aufstreben Feld des sozialen & ökologischen Unternehmertums.
Ziel der Veranstaltung war es, das Thema aus zwei Blickwinkeln zu betrachten: Daten und Erfahrungen. Dr. Peter Vandor vom Social Entrepreneurship Center veranschaulichte mit seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Thema und den aufbereiteten Daten die Bedeutung dieses Themas. Gleichzeitig bot Hannah Lux, CEO und Mitbegründerin des Social-Venture-Unternehmens Vollpension und SIA-Alumna, einen Einblick in ihre persönlichen Erfahrungen während der Covid-19-Krise.
Die Alarmglocken läuten
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie von Peter Vandor zeigen, dass 43 % der befragten, angehenden Social Entrepreneurs, eines oder mehrere Burnout-Symptome wie Erschöpfung, Reizbarkeit, Schlaf- und Angststörungen erlebt haben. 5 % litten sogar so sehr unter einem Burnout, dass sie überhaupt nicht mehr arbeiten konnten.
Obwohl die spezifischen Ursachen dafür je nach Geschäftsmodell und Teamstruktur variieren, lassen sich Stress und Burnout meist auf die hohe Arbeitsbelastung, den hohen Druck und die Verbundenheit des Unternehmers mit seiner sozialen Mission zurückführen. Was auch einen wesentlichen Unterschied zu konventionellen Unternehmer*innen darstellt.
„Es ist der ständige Druck, dass man etwas liefern muss, und dass Menschen auf Ihre Produkte warten, die Leben retten könnten, und Sie nichts tun. Es geht einem ständig durch den Kopf, diese Angst, dass morgen jemand sterben könnte, weil man eine Pause gemacht hat.“ (Zitat aus den anonyme geführten Interviews)
Um ein erfolgreiches Social Impact Projekt zu führen, müssen Social Entrepreneurs viele verschiedene Bereiche zur gleichen Zeit mit einem oft nur kleinen Team managen. Sie tragen Verantwortung nicht nur für sich selbst und ihr Unternehmen, sondern auch für die Personen, die ihr Projekt unterstützt.
Wenn einen Schritt zurück treten die einzige Option ist
Die Mitgründerin und Geschäftsführerin der Vollpension, Hannah Lux, war während der Covid-19-Krise mit dieser schwierigen Dynamik konfrontiert und spürte das Gewicht, das ihre soziale Mission auf ihre Schultern lädt mit voller Wucht. Die Vollpension ist eine Kette von Cafés, in denen vor allem Senior*innen aktiv sind um eine bestehenden oder drohende Altersarmut zu verhindern und der Vereinsamung entgegenzutreten. Die Krise und die Lockdowns zwangen alle Cafés zur Schließung und brachte ihr Team, insbesondere die Senior*innen als Risikogruppe, in eine schwierige Lage. Leider hatte sie mit dem Stress und der Müdigkeit der jahrelangen Arbeit schwer zu kämpfen und war gezwungen, einen Schritt zurückzutreten, um sich auf sich selbst zu konzentrieren.
„Das Schwierigste war„, sagte Hannah, „mir einzugestehen, dass ich gerade in dieser Krisenzeit einen Schritt langsamer treten musste. Dass wir diese Situation nur gemeinsam im Team stemmen können.
Hannah Lux hofft auf mehr Ehrlichkeit in der Branche zu diesem Thema und möchte in persönlichen Gesprächen mit ihren Partnern Vertrauen aufbauen. Sie sieht vor allem die Notwendigkeit, die Wahrnehmung von Social Entrepreneurs zu ändern und damit aufzuhören, sie als Helden darzustellen, da dies nur das Bedürfnis verstärkt, sie als unbesiegbar erscheinen zu lassen.
Die Quintessenz
Wenn man bedenkt, wie viele Sozialunternehmer zwischen ihrem eigenen Wohlergehen und ihrem sozialen Auftrag hin- und hergerissen sind, ist es eindeutig wichtig, Wege zu finden, sie zu bei dieser Gratwanderung zu unterstützen. Die Daten und die persönlichen Geschichten der Social Entrepreneurs aus aller Welt machen eines ganz deutlich: Wir müssen vom Heropreneur zum Social Entrepreneur kommen und die Resilienz von Sozialunternehmer*innen gerade in Krisenzeiten noch mehr stärken.